Rezension: Es muss nicht immer Brexit sein

Oder: Liebeserklärung an ein Land

Eingeweihten ist er schon seit Langem bekannt, der Münchner Autor Tiny Stricker. Nach musikalischen Anfängen in der Band „Siloah“ und nach bewegten Hippie-Zeiten, die ihn auf dem Landweg bis nach Indien führten, kehrte er doch immer wieder nach München zurück, auch um das Notierte in Buchform zu gießen.

So sind über die Jahre nicht weniger als 11 Bücher entstanden, zuerst im Maro-Verlag, Augsburg, jetzt bei p. machinery.

Gerade erschienen ist ein dünnes Bändchen mit dem Titel „Spieler im Park“, eigentlich eine Novelle. Ein junger deutscher Dozent auf einem Campus in Südengland bewundert die Gärten, Parks und Pubs und wundert sich über die Marotten der Briten. Aus der um sich greifenden Melancholie hilft ihm die Freundschaft zu einem Schauspieler heraus. Exzentrizität als Normalfall müsste man sagen, wenn es nicht so paradox wäre. Stricker inszeniert stimmungsvolle Bilder, findet eine Sprache, die in jedem Satz vibriert. Frivolitäten werden nicht ausgespart, wie auch in einem Oberschichten-Milieu, das die Anspielungen und gezielten kleinen Provokationen liebt. Mitunter fühlt man sich bei der Lektüre an ein Buch erinnert, dass vor zwei Jahren Furore machte: „Der Club“ von Takis Würger. Über das Atmosphärische hinaus trägt der Vergleich aber nicht, Strickers Beobachtungen sind sehr viel genauer und es geht ihm nicht um einen reißerischen Plot, er glänzt in den Details der Charakterisierung von Menschen und Landschaften. Vorangetrieben wird die Handlung lediglich von der Beziehung zwischen dem Erzähler und Michael, dem Schauspieler. Der spielt im „Sommernachtstraum“ neben der prächtigen Titania mit dem Handwerker „Snug the Joiner“ leider nur eine Nebenrolle, das aber meisterlich. Danach treten beide eine Reise zu den schönsten Plätzen Südenglands an. Sacht werden homoerotischen Schwingungen angedeutet. Talentierte junge Männer auf der Suche nach ihren Möglichkeiten. Sie erproben sich in diversen Rollen, üben sich in rhetorischen Kabinettstückchen und streifen die Panzerungen und Zwänge der Vergangenheit ab.

Eingestreut sind magische Aufnahmen englischer Parks und Ruinen, als Höhepunkt die Stourhead Gardens in Wiltshire.

Am 27.09.2019,19.30h wird der Autor im Münchner Literaturbüro, Milchstr. 14, aus dem Buch lesen.

Tiny Stricker
Spieler im Park
72 Seiten, Verlag p.machinery,
Winnert, 2019
21,90 Euro

Quelle Foto Tiny Stricker: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:TinyStricker.jpg
Gustav Eckart [CC BY-SA 3.0 de (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)]

Erschienen: LiteraturSeiten München, Ausgabe 09/2019