Spanien im Herzen

Literatur im spanischen Kulturinstitut – das Instituto Cervantes

Die Lage könnte besser nicht sein, zwischen Staatsoper, Akademie der Wissenschaften und Max-Planck-Institut, ein Filetstück in bester Innenstadtlage. Benannt nach dem wohl bekanntesten spanischen Autor, Miguel Cervantes, bietet das spanische Kulturinstitut nicht nur eine Bibliothek, hochwertige Sprachkurse auf allen Niveaus, sondern auch ein vielfältiges Kulturprogramm.

Literatur spielt dabei eine besondere Rolle. Von der klassischen Lesung über Workshops bis hin zu Ausstellungen reichen die Angebote. Darüber hinaus bietet das Haus über seine Kulturveranstaltungen eine Fülle von Möglichkeiten zur Begegnung mit Spanien und Lateinamerika. Sprachbarrieren sind nicht zu fürchten, die literarischen Events laufen in der Regel zweisprachig. Die nach dem paraguayischen Autor Augusto Rua Bastos benannte Bibliothek umfasst 30.000 ausgesuchte und ständig aktualisierte Medien. Zwar wurde ein Spanisches Kulturinstitut im Januar 1956 in München gegründet, doch erst mit dem Ausbau der Präsenzen Ende der 90er Jahre entfaltete das Haus, nun unter dem Namen „Instituto Cervantes“, das volle Spektrum seiner Arbeit. Davon profitierte besonders das literarische Programm, es spiegelt die Vielfalt des Landes wider: nicht nur spanische, sondern auch baskische, galicische und katalanische Stimmen sind zu vernehmen. Und wo gibt es das sonst in München? Lesungen von Autor*innen aus Mexiko oder Ecuador, aus Guinea und Kuba, aus Peru und Argentinien. Sie werden in der Regel zusammen mit ihren deutschen Verlagen präsentiert. Im Rahmen einer „Tournee durch Bayern“ findet alljährlich eine „Dichterreise – Viaje poético“ mit Übersetzerworkshops und öffentlichen Lesungen statt, die spanische Lyriker*innen an die Universitäten in Augsburg, Nürnberg-Erlangen, Regensburg und München führen.

Eine besonders hervorzuhebende Ausstellung öffnet nun in Kürze ihre Pforten. Unter dem Titel „Retorno a Max Aub“, widmet man dem französisch-spanisch-mexikanischen Autor mit deutsch-jüdischen Wurzeln eine umfassende Gesamtschau. Aub ist der Autor des Spanischen Bürgerkriegs, sein sechsbändiges Hauptwerk, „Das magische Labyrinth“, ist seit 2003 in einer exzellenten Übersetzung auf Deutsch verfügbar. Dass er dennoch einer der großen literarischen Unbekannten ist, liegt in seinem persönlichen Schicksal begründet. Wiederholte Vertreibung und Flucht, Unterdrückung seiner Werke durch die Zensur Francos bis in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts. Geboren wurde Max Aub als Sohn eines wohlhabenden Deutschen und einer Französin 1903 in Paris. Der Familienname leitet sich von der Herkunft aus dem fränkischen Weiler Aub ab. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs muss die Familie auf Druck der Behörden Frankreich verlassen und zieht nach Valencia. Nach dem Abitur begleitet er den Vater, einen erfolgreichen Schmuckhändler, auf Geschäftsreisen durchs Land und sucht Kontakt zu spanischen Literaten. Vor der Wahl stehend, entscheidet sich Aub für die spanische Staatsbürgerschaft. Wegen extremer Kurzsichtigkeit vom Militärdienst freigestellt, kann er sich ganz seinem Interesse für die Bühne widmen und erste eigene Stücke und Texte verfassen. Er trifft den Filmemacher Luis Bunuel, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden wird. Sein Engagement für die Republik führt ihn in die Politik, er wird Kulturattache an der spanischen Botschaft in Paris, wo er seinen Freund Picasso mit der Schaffung des Wandgemäldes „Guernica“ beauftragt. Mit André Malraux dreht er 1938/39 einen Spielfilm über den Bürgerkrieg, „Sierra de Teruel“. Den Wendepunkt in seinem Leben markiert Francos Militärrevolte gegen die republikanische Regierung. Denunziert und verhaftet in Paris, deportiert nach Algerien, gelingt ihm nach drei Jahren Internierung und Arbeitslager die Flucht nach Mexiko. Dort verbringt er den Rest seines Lebens. Hier entsteht der Hauptteil seiner Werke. Die Gesamtausgabe ist inzwischen auf über zwanzig Bände angewachsen. Erst 1969, drei Jahre vor seinem Tod, durfte er Spanien wieder besuchen. Seine Eltern waren da schon verstorben. Die Ausstellung zeichnet die Etappen seines Lebenswegs nach und illustriert die Vielseitigkeit Max Aubs, des Schriftstellers, Theatermanns, Drehbuchautors, des Malers und Illustrators. Eröffnet wird sie am 24. September und ist bis zum 12.12. zu sehen. Ein Begleitprogramm bietet zudem Vorträge und Filme zum Thema „Exil und Widerstand“.

Näheres findet sich unter: munich.cervantes.es

Erschienen: LiteraturSeiten München, Ausgabe Ausgabe 10/2019